1. Preis
Andreas Blank
geb. 1976 in Ansbach
lebt und arbeitet in Aurach und Berlin
andreasblank.com

Trompe-l'œil bedeutet wörtlich übersetzt „täuscht das Auge“. Diese mehr als 2000 Jahre alte illusionistische Technik, die vor allem in der Malerei der Renaissance, des Barock und des Rokoko eine Hochblüte erlebte, greift Andreas Blank so nonchalant wie virtuos auf. Und kehrt damit zugleich eine kunsthistorische Tradition um. Denn bekannt ist die Technik der Augentäuschung in erster Linie im Medium der Malerei, in der mithilfe von Farbe scheinarchitektonische Elemente wie Gesimse, Säulen und Bögen aus kostbaren steinernen Materialien wie Marmor simuliert werden. Mithilfe von wertvollem Stein das Spiel mit der Materialität, mit Sinneseindrücken und kognitiven Erwartungen umzudrehen, setzt völlig neue Akzente im Medium der Bildhauerei: Auch bei Blank nämlich bleibt der erste visuelle Eindruck Illusion. Die Seherwartung wird haptisch und taktil nicht erfüllt, eröffnet gerade dadurch aber eine wesentlich tiefere Dimension.
Die nur auf einen ersten Blick so scheinbar alltäglichen Gegenstände erhalten durch ihre Massivität einen ikonischen Charakter. Das vermeintlich Profane wird in Stein gemeißelt und damit sakralisiert, die traditionelle Bildhauerei aus Stein in eine neue Form überführt. Die scheinbaren Momentaufnahmen werden zu unverrückbaren Medien, um Geschichte zu bewahren (wie im Beispiel von „Box with Military Boots“, einer Rekonstruktion der Militärstiefel des Großvaters aus dem zweiten Weltkrieg) beziehungsweise Aussagen zu transportieren und Denkanstöße zu geben. Durch das Spiel mit Haptik und Optik werden Erfahrungswerte infrage gestellt und eine Verunsicherung beim Betrachter provoziert, der scheinbar seinen Sinnen nicht mehr trauen kann. Dadurch erhalten die Werke Blanks auch etwas Surreales, die in ihrer eleganten wie zeitlosen Klassizität und ihrem intellektuellen Anspruch an das Werk des belgischen Surrealisten René Magritte erinnern.
Neben der Illusion des primären Seheindrucks irritiert auf einen zweiten Blick auch der fragmentarische Charakter. Denn in Blanks Werk dominiert die Präsenz des Menschen bei gleichzeitiger Abwesenheit von Personen. Statt Menschen stehen Accessoires als pars pro toto der menschlichen Gesellschaft, statt Individuen lediglich Chiffren menschlicher Existenz wie Businesshemd und Aktenkoffer (in „Monument“). Diese werden ähnlich wie die Militärstiefel zu Elementen einer Uniformität, die den individuellen Charakter wenn nicht leugnen, so doch infrage stellen und so einen Assoziationsraum jenseits des Bekannten schaffen.
Große monochrome Flächen, eine edle Schwarz-Weiß-Ästhetik, Perfektion im Ausdruck und eine puristische Reduktion verleihen dem Werk Blanks auch eine optische Markantheit mit einer einzigartigen Handschrift und einem hohen künstlerischen Wiedererkennungswert.
Dr. Frauke Bayer, 2025